PNP 15.09.22: Hoffnung, dass der Funke überspringt

18. September 2022

Start der vier Themenwerkstätten des SPD-Unterbezirks Altötting – Inhaltliche Arbeit an der Parteibasis

Burghausen. Bock auf Inhalte? – Projekte statt Protokolle – Gestaltung statt Gremien: Damit wirbt der SPD-Unterbezirk für seine "Altöttinger Themenwerkstätten", die am Montag offiziell gestartet wurden. Aufgerufen zur Mitarbeit waren alle rund 400 Mitglieder im Landkreis; gut zwei Dutzend von ihnen fanden sich im Burghauser Bürgersaal ein. Nachdem sich die Vorstandschaft im zeitigen Frühjahr bei den Wahlen organisatorisch und personell neu aufgestellt hatte, wollte man im zweiten Teil des Strukturwandels auch thematisch frischen Wind in die Parteiarbeit bringen. Die Idee der Werkstätten – man könnte sie auch Arbeitskreise nennen – wurde geboren, federführend begleitet vom stellvertretenden Kreisvorsitzenden Stefan Bonauer.

Dieser erläuterte im Gespräch mit der Heimatzeitung, was man sich dabei gedacht hatte: Es gebe viele Mitglieder, die sich gerne aktiv in die Partei einbringen würden, jedoch die Übernahme eines Amtes oder festen Postens scheuen. Mancher wolle Politik mit Inhalten füllen, ohne gleich kandidieren zu müssen, sei es um Ideen zu entwickeln, sie zu diskutieren und mitunter auch umzusetzen. Bonauer will das Fachwissen seiner Genossinnen und Genossen nutzen, Kreativität und Engagement aus ihnen heraus kitzeln.

Bislang waren die Ortsverbände und auch der Unterbezirk vornehmlich da, um Wahlkampf zu betreiben oder zu unterstützen. Da sei man durchaus erfolgreich gewesen, doch auf das allein dürfe man sich nicht reduzieren lassen. Politik sollte nicht nur von oben, sondern auch an der Basis gemacht werden.

So dienen die Werkstätten der SPD im Landkreis Altötting der Diskussion grundsätzlicher Themen und der Erarbeitung von eigenen lokalen Positionen – die dann als Leitlinien, Anstöße oder Anträge innerhalb der Partei weiterverfolgt werden können. Auch ist es möglich, dass die Arbeitskreise öffentlich aktiv werden, indem sie zum Beispiel Info-Stände, Bürgerstammtische, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen und Fachtagungen organisieren oder Plakate gestalten.

Wie und in welchem Umfang sich jemand in den Werkstätten einbringt, bleibt jedem selbst überlassen, ganz nach dem Motto: Alles kann, nichts muss. Man dürfe sich gerne ungezwungen jede Woche treffen, wenn es denn gewünscht ist, bemerkte Bonauer. Ziel sollte es sein, dass die Teams zumindest einmal im Quartal zusammenkommen, damit was voran geht. Die dort gewonnenen Erkenntnisse oder Ergebnisse werden entweder selbst umgesetzt oder durch den Vorstand "kanalisiert und gebündelt".

Wenn möglich, fließen sie in die Landkreispolitik ein. Ansonsten werden sie an die Landes- und Bundesgremien der Partei weitergeleitet. Man habe ja entsprechende Kontakte zu den eigenen Abgeordneten und Ministern. Abschließend formulierte Bonauer noch den "Minimum-Anspruch" der Werkstätten: "Die Mitglieder sollen auch an der Basis wieder mehr miteinander diskutieren und sich inhaltlich auseinandersetzen." Jedes Team erhält einen Leiter und wird vernetzt mit dem Vorstand. Die Fäden laufen bei Bonauer zusammen.

Vorerst startet man mit vier Werkstätten, die je einen Themenkomplex behandeln. Diese sind: "Erziehung und Bildung", "Umwelt und Infrastruktur", "Gesundheit und Soziales" sowie "Wirtschaft und Arbeit". Dabei geht es schwerpunktmäßig um die Schaffung einer bezahlbaren und stabilen Energieversorgung, Entlastungen von Bürgern und Betrieben, die von den aktuellen Krisen besonders betroffen sind, die Sicherung der heimischen Arbeitsplätze, eine patientenorientierte Gesundheitsversorgung oder die lückenlose Kinderbetreuung – alles natürlich mit einem Augenmerk auf die Verhältnisse in der Region. In den Impuls-Referaten wurden noch weitere Themen genannt, insbesondere die Verbesserung der Bahn- und Straßen-Infrastruktur. Hinzu kamen die Kernforderungen der SPD nach Tariflöhnen und bezahlbarem Wohnraum.

Eingangs des öffentlichen Teils hatte Unterbezirks-Vorsitzender Jürgen Gastel die Teilnehmer und Gäste begrüßt. Er sprach von einer Aufbruchstimmung in der Landkreis-SPD. Der verkleinerte Vorstand arbeite effektiver als zuvor. Man sei digitaler geworden und bemühe sich um neue Mitglieder.

Bonauer hoffte in seiner Rede, dass mit diesen Werkstätten "der Funke überspringt", denn "das sozialdemokratische Feuer muss wieder lodern". Er und auch die weiteren Referenten sehen sich in einer wirtschaftlich relevanten Region, die aber von der Landesregierung oft übersehen werde. Speziell ging er auf einige Themen ein, die im Komplex "Gesundheit und Soziales" behandelt werden sollten: der "Kostenfaktor" Krankenhaus, die Spaltung der Gesellschaft, auch zwischen Stadt- und Landbevölkerung, Bildung für alle sowie eine ökologische Transformation der Wirtschaft, die immer auch sozialverträglich sein muss.

Sepp Parzinger, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Traunstein, behandelte in seinem Input-Referat die Frage "Braucht es die SPD noch?" und kam am Ende zu der nicht überraschenden Erkenntnis: ja, selbstverständlich. Man müsse sich einsetzen für die vergessenen Helden der Arbeit wie Saisonarbeiter oder Lkw-Fahrer, die Stärkung der Wirtschaft oder den Ausbau erneuerbarer Energien.

Ein weiterer Gastredner war der Burghauser Altbürgermeister Hans Steindl, der eine Lanze für die Betriebe im Chemiedreieck brach. Hier könnte sogar eine Modellregion für den Industrie-Umbau in Europa entstehen, sagte er. Er verwies dabei auf die vorhandenen Pipelines, in denen sich auch Flüssiggas transportieren lasse.

Im Anschluss wurde die Nichtöffentlichkeit im Saal hergestellt und man verteilte sich auf die vier Themen-Tische. Der Auftakt war mehr eine Kennenlern-Runde und doch auch – wie es der Vorsitzende formulierte – ein ernsthafter Arbeitsabend. Weitere werden folgen. − frä

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